SEW und SNE drohen mit Streik tageblatt 12/12/2007

12.12.2007

SEW und SNE drohen mit Streik

Seit Jahrzehnten fühlt sich die Lehrerschaft von den jeweiligen Regierungen vernachlässigt. Nun wollen SEW und SNE die geplante Grundschulreform nutzen, um die längst fällige Anpassung der Lehrerlaufbahn durchzusetzen. Die gestrige Protestkundgebung diente dabei als Warnung an die Politik. Für den Fall, dass die Regierung nicht einlenkt, drohen die Gewerkschaften mit einem Streik.
Alex Fohl
Die Lehrer scheinen fest entschlossen, die Aufwertung ihrer Berufslaufbahn notfalls mit einem Streik durchzusetzen. Die massive Teilnahme der Lehrer an der gestrigen Protestkundgebung im Bartringer Centre Atert wertete SNE-Präsident Michel Cloos als längst überfällige Antwort auf die Hinhaltetaktik der Politik. "Wir fordern mehr Respekt für unseren Beruf, eine gerechte Einstufung und die längst fällige Aufwertung unserer Berufslaufbahn", formuliert Cloos die gewerkschaftliche Marschrichtung in einem proppenvollen Saal.

Über 1.500 Lehrer aus dem ganzen Land seien hier, um den politisch Verantwortlichen zu zeigen, dass sie sich mit Vertröstungen nicht mehr abspeisen ließen. Seit über 30 Jahren versuchten aufeinander folgende Bildungsminister nun schon das Schulgesetz von 1912 zu reformieren.
Ohne Erfolg, wie Cloos konstatiert. "Wir sind an einem kruzialen Punkt angekommen", hält der Präsident der größten Lehrergewerkschaft fest und macht deren Zustimmung zur Grundschulreform von der Aufwertung der Lehrerlaufbahn abhängig.
Gleiche Verantwortung bedeute gleiche Karriere, so Cloos, für den das Ausbildungsniveau der Lehrer (Bac+3 in der alten bzw. Bac+4 in der neuen Studienordnung) zu einer höheren Laufbahn im öffentlichen Dienst berechtigt.

Auch im Portemonnaie der Lehrer soll dabei Zählbares herauskommen.
Statt wie bislang im Grad E3ter wollen Lehrer künftig im E6-Grad eingestuft werden. Damit würden deren Endgehälter von 7.383 auf 8.534 Euro ansteigen - ein monatliches Plus von 1.151 Euro.
Sekundarschullehrer werden zurzeit im Grad E7 eingestuft und kommen monatlich auf 9.072 Euro Endgehalt.

Die von den Lehrerverbänden geforderte Anpassung muss laut Cloos näher am E7-Grad liegen, "sonst ist es keine reelle Aufwertung."

SEW-Präsidentin Monique Adam lässt ihrerseits das Argument von Minister Claude Wiseler nicht gelten, das gesamte Gehältergefüge im öffentlichen Dienst gerate durch die berechtigte Forderung der Lehrer ins Wanken.
Zurzeit werden
Vor- und Primärschullehrer in einer mittleren Staatslaufbahn, im E3ter-Grad,eingestuft
.

-E3ter entspricht einem Einstiegsgehalt von 3.285 Euro brutto. Mit ihrem Endgehalt kommen Grundschullehrer derzeit auf 7.383 Euro.

-Sekundarlehrer werden im E7-Grad dagegen wesentlich höher eingestuft.
In der Gehältertabelle des öffentlichen Dienstes entspricht E7 einem Einstiegsgehalt von 4.452 Euro und einem Endgehalt von 9.072 Euro.

- Der Unterschied zwischen den Gehältern beider Lehrergruppen liegt damit zwischen 1.167 und 1.689 Euro.

Kritik an Regierung

"Wer ist die Regierung in diesem Land, wenn gleich drei Minister in dieser Frage so wenig zu sagen haben?", so Adam, die auf die Polemik eine Kampfansage folgen lässt: "Die Zeiten sind definitiv vorbei, wo die Meinung vorherrschte, Lehrer könne man klein halten. Wir lassen uns weder provozieren noch mit dem Argument mundtot machen, wir hätten ein gutes Gehalt und sollten uns mit den Kollegen im Ausland vergleichen. Das kann man in Luxemburg allen Berufsgruppen erklären", kontert Adam, die sich keiner generellen Diskussion über die Gehälter- und Lohnunterschiede unter Einbeziehung der Kapitalerträge verschließen will. Lehrer zählten nicht zu denen, die in Luxemburg am besten verdienten.

"Wir brauchen uns nicht für unsere Arbeit zu schämen und können das beanspruchen, was alle Staatsbeamten verlangen, nämlich die berufliche Einstufung gemäß den von der Regierung selbst aufgestellten Kriterien: sprich der Grad an Verantwortung und Autonomie und die Studiendauer", so Adam, die auf die enorme Verantwortung und die großen Herausforderungen des Lehrberufs verweist und der Regierung gleichzeitig vorwirft, nicht an die Zukunft der Schule zu glauben.

Dass Lehrer durchaus bereit sind, ihre mächtige Stimme zu artikulieren, zeigte auch Adams Streikdrohung, die mit tosendem Beifall von den Demonstranten quittiert wurde. "Dadurch dass wir uns zur Wehr setzen, leisten wir dem Land und der Entwicklung unserer Schulen einen guten Dienst", so Adam, die von einem gesunden Egoismus spricht, der eine ungerechte Einstufung nicht länger dulde. Ein Lehrer, dessen Arbeit anerkannt würde, unterrichte besser.

"In den nächsten Wochen benötigen wir ein starkes Rückgrat und eine unfehlbare Solidarität. Diesmal brauchen wir einen Durchbruch,selbst wenn die sture Haltung der Regierung zu einem Streik führt", so Adams Appell an die zahlreichen Demonstranten. "Zum neuen Schulgesetz gehört auch die richtige Berufslaufbahn für Lehrer."

In einer entsprechenden Resolution wird die Regierung aufgefordert, das Schulgesetz entsprechend nachzubessern. Gleichzeitig wird Minister Claude Wiseler mit einer von SEW und SNE gemeinsam initiierten Kartenaktion aufgefordert,
den Lehrberuf zu respektieren und die fällige Anpassung der Gehälter vorzunehmen.