Militärauftritt im LTNB

25.06.2001

Sie rücken an, fünf starke Männer in Tarnkleidung...; ein KFOR-Panzerfahrzeug bezieht Stellung im Schulhof, während nach und nach ein überdimensionierter Propagandastand das Foyer der Schule fast vollständig ausfüllt. Target sind die 9e-Schüler-Innen, welche, beeindruckt von soviel Stärke und Überzeugungskraft, für eine Armeekarriere gewonnen werden sollen.
Science-fiction ? Leider nicht, sondern beschämende Wirklichkeit im Lande Luxemburg, am Dienstag, dem 12 Juni, im Lycée technique Nic-Biever - und an manchen anderen Tagen dieses Jahres in anderen Sekundarschulen !
Das Problem: seit die zukünftigen Polizisten sich nicht mehr auf dem Herrenberg dem Militärdrill unterwerfen müssen, sondern eine Ausbildung in einer zivilen Polizeischule erhalten, hat die luxemburgische Freiwilligenarmee ihre Mühe und Not, ihr Nato-Kontingent aufzufüllen.
Die Lösung: sich nicht mehr damit zufrieden geben, über die "Services de psychologie et d'orientation scolaire (SPOS) der einzelnen Schulen Herrenberg-Besuche für Interessenten zu organisieren, sondern besser direkt in jede Schule einrücken, damit auch keine(r) der 15- bis 16-jährigen den militärischen Show-Effekten entgehen kann !
Das ist das neue, aggressive Marketing von Seiten unseres, den Menschenrechten ach so verbundenen Armeeministers Charel Goerens ! Luxemburg hat wohl im September 2000 das Zusatzprotokoll zur UN-Kinderkonvention von 1989 unterschrieben, durch das die Altersgrenze für die Armeemitgliedschaft auf 18 Jahre heraufgesetzt wurde, wendet dieses aber nicht bei der Rekrutierung sondern nur beim Kampfeinsatz an - und scheut sich nicht, im Jahr darauf mit großem Aufwand in die Schulen einnzudringen !
Eine weitere Marketing-Masche wird auf den Plakaten und einem für die SchülerInnen bestimmten Mousepad deutlich: die Armee präsentiert sich als friedenstiftender Wohltätigkeitsverein ("Asetz an Hëllef am Dengscht vum Fridden") und verspricht "eng Schoul fir d'Liewen", "een Job mat Zukunft".
Drill und Kriegsmaschinerie, das eigentliche A und O des Militärs werden den anvisierten Jugendlichen dabei natürlich verschwiegen, genau wie das Risiko, daß sie vielleicht später bei Kriegs-, Entschuldigung, ... Friedenseinsätzen auf andere Menschen schießen müssen oder das eigene Leben in Gefahr bringen.
Ich bin zutiefst schockiert über den Propagandaauftritt, der an meiner Schule und wohl an vielen anderen unseres Landes ablief. Hier wurde mit großem Aufwand Jugendlichen und beinahe noch Kindern Dinge vorgegaukelt, die sie, - so fürchte ich - nicht ermessen können. Als Lehrer halte ich es für meine Aufgabe, diesen Mißbrauch unserer öffentlichen Schule für militärische Zwecke anzuprangern und die Jugendlichen, die mir anvertraut sind, gegen jede Desinformation zu schützen. Die Armee ist kein Betrieb wie ein anderer; Rekrutierungsmaßnahmen für das Soldatenhandwerk haben deshalb meiner Meinung nach nichts im Rahmen des Schulbetriebs zu suchen !
Wer auch dieser Meinung ist, kann dies mitteilen unter guy.foetz@ci.educ.lu. Vielen Dank !
Guy Foetz