Konferenz mit Frau Dr. Britta Kohler zum Thema Hausaufgaben
Am 30. September hatte die ASTI in Zusammenarbeit mit dem SEW im Forum Geesekneppchen zu einer Konferenz mit Frau Dr. Britta Kohler zum Thema „Kinder fördern, Kinder fordern: sind Hausaufgaben notwendig?“ eingeladen. Obwohl die anschließenden Workshops am Samstag mangels Interessenten abgesagt werden mussten, hatte sich ein zahlreiches interessiertes Publikum, sowohl Lehrer wie Eltern, am Freitagabend eingefunden. Hausaufgaben sind nach wie vor ein heiß diskutiertes Thema in der luxemburgischen Schullandschaft.
In ihrem Vortrag vertrat Dr. Kohler die Thesen, dass die Hausaufgaben in ihrer Bedeutung für schulische Leistungen sehr überschätzt werden und ihr Einfluss auf den schulischen Erfolg, sowohl im positiven wie auch im negativen, im kaum mehr messbaren Bereich liegen. Hausaufgaben erzielen also den gewünschten Effekt nicht.
Die Schüler, die ihre Hausaufgaben problemlos lösen, erzielen keine Leistungssteigerung, da sie schon in der Schule imstande waren die gestellten Aufgaben zu meistern. Schüler mit Defiziten sind aber meist nicht in der Lage die schulischen Hausaufgaben selbstständig zu bewältigen. Lernprobleme werden durch Hausaufgaben nicht behoben.
Obwohl Hausaufgaben für den schulischen Erfolg quasi bedeutungslos sind, stellen sie ein großes Konfliktpotential in vielen Haushalten dar. Die alltägliche Stresssituation der Hausaufgaben belastet das Zusammenleben der Kinder und Eltern ungemein.
Den Zeitaufwand, den besonders schwächere Schüler leisten müssen, wird von den Lehrern in der Regel meist unterschätzt.
Das Argument, dass Schüler durch Hausaufgaben lernen, sich selbst zu organisieren und selbstständig werden, lässt Frau Kohler auch nicht gelten, da nur jene Schüler dies schaffen, die auch ohne Hausaufgaben ohnehin dazu in der Lage sind. Schwächere Schüler benötigen Hilfestellungen von Drittpersonen. Dadurch erlangt das soziale Umfeld der Kinder eine solch herausragende Bedeutung, dass von Chancengleichheit nicht mehr ausgegangen werden kann.
Da Eltern bei der Hilfeleistung zu den Hausaufgaben in pädagogischer Hinsicht oftmals überfordert sind, entstehen neue Konflikte. Eltern sind keine ausgebildeten Pädagogen und es ist klar, dass ein Schulsystem die Eltern nicht als „Aushilfelehrer“ einsetzen darf.
Interessant in diesem Zusammenhang, dass Studien aufgezeigt haben je mehr Eltern ihre Kinder bei den Hausaufgaben beaufsichtigen und kontrollieren, desto unselbstständiger werden die Schüler und desto schlechter werden die Schulleistungen.
Auch im Sinne der Gerechtigkeit und sozialen Mobilität sind Hausaufgaben kontraproduktiv.
Mit Beispielen aus dem Ausland zeigte Dr. Kohler, dass das Abschaffen der Hausaufgaben keine negativen Konsequenzen im Bezug auf die Schulleistungen mit sich brachte.
Empfehlenswert ist auf jeden Fall das Buch: „Hausaufgaben Helfen - aber wie?„ von Dr. Britta Kohler, erschienen in der 7. Auflage im Beltz Verlag (14,90 € ). Das Buch richtet sich in leicht verständlicher Sprache an die Eltern, bietet aber auch Anregungen für die Lehrer sich mit dem Thema Hausaufgaben mit den Schülern und Eltern auseinander zu setzen. Behandelt werden u.a. folgende Themen: wie Eltern ihre Kinder fördern können, wie Hausaufgaben zu Hause gemeinsam organisiert und geplant werden können, welche die häufigsten Schwierigkeiten sind und wie Eltern und Lehrer ihre Zusammenarbeit konstruktiv verstärken können. Das Buch zeigt insbesondere die Verhaltensmechanismen der Eltern bei den Hausaufgaben auf, die schnell zu Beziehungskonflikten zwischen Eltern und Kindern führen müssen.
Arendt Patrick