Für eine starke öffentliche Schule für alle – Privatisierungen stoppen und umkehren

Für eine starke öffentliche Schule für alle – Privatisierungen stoppen und umkehren
Eine starke öffentliche Schule für alle ist ein wichtiger Schlüsselfaktor für eine solidarische und sozial gerechtere Gesellschaft. Wichtige Aufgaben der öffentlichen Schule sind neben Wissensvermittlung auch Integration und Inklusion. Hier sollen Kinder aus unterschiedlichen Herkunftsländern und sozialen Schichten mit- und voneinander lernen.
Durch den vorherrschenden neoliberalen Wirtschaftsgeist wird die öffentliche Schule als Einrichtung jedoch zunehmend bedroht. Auch in Luxemburg macht sich dieser Trend bemerkbar: Im Rahmen der schulischen Autonomie sollen Schulen sich ein spezifisches Profil geben und zueinander in Konkurrenz treten. Hiermit droht eine Ghettoisierung der Schullandschaft, in der sich Eliteschulen und „Ghetto-Schulen“ bilden werden, deren Schülerschaft stark vom sozio-ökonomischen Hintergrund der Eltern beeinflusst werden wird.
Die schulische Autonomie hat aber auch den Privatunternehmen Tür und Tor geöffnet: Paradebeispiel für die Privatisierung der öffentlichen Schule ist die International School Michel Lucius in Luxemburg Stadt. Das weltweit größte Bildungsunternehmen Pearson mit einem Umsatz von 5,431 Milliarden Euro im vergangenen Jahr verkauft der Schule die Lehrerlaubnis, Unterrichtsmaterial sowie Examina. Diese Examina werden in Großbritannien von Pearson-Mitarbeitern gegen Geld korrigiert. Neben der International School Michel Lucius kauft auch das hauptstädtische Athenée de Luxembourg seine Lehrerlaubnis sowie seine Examina für das englischsprachige „International Baccalaureate“ bei der Schweizer Stiftung International Baccalaureate Organization (IBO).
Das Luxemburger Bildungsministerium hat also jeglichen Einfluss auf das Bildungsangebot dieser Schulen aus der Hand gegeben. Auf die Lehrprogrammeanderer internationalen Schulen, die derzeit massiv gegründet werden, hat Claude Meischs Bildungsministerium ebenfalls keinen Einfluss. Die Verantwortung für das nationale Bildungsangebot gelangt also zunehmend in private, nicht-öffentliche Hand. DiesenTrend gilt es unbedingt zu stoppen und umzukehren: Luxemburg braucht eine starke öffentliche Schule für alle Kinder, unabhängig vom sozialen, finanziellen oder kulturellen Hintergrund der Eltern. Zusammenhalt kann in einer Gesellschaft nur entstehen, wenn die öffentliche Schule als gemeinsamer öffentlicher Raum, in dem alle Kinder zusammen von- und miteinander lernen können, bestehen bleibt und politisch gefördert wird.
Internationale Bildungsangebote haben natürlich durchaus ihre Daseinsberechtigung, zum Beispiel für Kinder oder Jugendliche, die nur vorübergehend in Luxemburg leben werden oder für Schüler, die erst sehr spät nach Luxemburg eingewandert sind und sich aufgrund der hiesigen Sprachensituation nur schwer in das Luxemburger Bildungssystem einfügen können. Jedoch sollte man in diesen Fällen unbedingt auf öffentliche europäische Bildungsprogramme zurückgreifen und den profitorientierten privaten Bildungskonzernen keinen Zugriff auf die Lerninhalte der öffentlichen Schule gewähren.
Wenn internationale Schulen aber zur Standardalternative für Schüler werden, die die Luxemburger öffentliche Grundschule absolviert haben und/oder in Luxemburg geboren und aufgewachsen sind, dann zeigt dies, dass unsere Gesellschaft an einem Scheideweg steht und droht, sich immer mehr zu spalten. 40% der Schüler der International School Michel Lucius haben beispielsweise ihre Grundschule in der öffentlichen Luxemburger Grundschule absolviert. Dabei ist auch zu beachten, dass die Lehrprogramme der internationalen Schulen oft nicht oder kaum der spezifischen Sprachensituation in Luxemburg gerecht werden. Französisch und Deutsch werden dort auf einem sehr viel geringeren Niveau als in der öffentlichen Schule unterrichtet, was für die Schüler vielleicht kurzzeitig angenehm sein mag, aber langfristig ihre Chancen auf dem Luxemburger Arbeitsmarkt, dessen Hauptsprache immer noch Französisch ist, negativ beeinflussen wird. Eine Beamtenkarriere wird durch mangelnde Deutsch- und Französischkenntnisse kaum möglich sein.
Dialog statt Monolog!
Anstatt den Privatunternehmen Tür und Tor zu öffnen, muss das Luxemburger Unterrichtsministerium in die Verbesserung und Stärkung der öffentlichen Schule investieren und den Dialog mit Schülern, Eltern, Lehrern und Gewerkschaften führen.
Das Unterrichtsministerium verschließt sich diesem Dialog jedoch immer öfters: Briefe von Gewerkschaften bleiben unbeantwortet oder werden viel zu spät beantwortet; Unterredungen mit Gewerkschaften finden immer seltener und zumeist ohne die Anwesenheit von Minister Claude Meisch statt. Zudem werden Lehrer davor gewarnt, auf Probleme im Bildungswesen öffentlich hinzuweisen. Ein konstruktiver Dialog kann somit nicht stattfinden, Probleme werden kleingeredet und dadurch nicht richtig angegangen.